Projekte aus dem Landesverband
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St.-Markus-Friedhof Dresden-Pieschen

Hubertusstraße 1, 01129 Dresden
Grabstätte der sowjetischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter

Grabstätte der sowjetischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter LV Sachsen

Der St.-Markus-Friedhof wurde 1884 geweiht, die dazugehörige Kirchgemeinde war kurz zuvor gegründet worden. Auf dem Friedhof befinden sich fünf polnische Menschen, die in Dresden Zwangsarbeit verrichten mussten, sowie sieben Kinder, die von Zwangsarbeiterinnen auf die Welt gebracht wurden. Sie sind alle noch im Säuglingsalter verstorben. 

Während der Kriegsjahre wurde Zwangsarbeit ein immer häufiger verwendetes Mittel um die Landwirtschaft und die deutsche (Rüstungs-) Industrie am Laufen zu halten. Ende 1944 waren fast 8 Millionen Menschen zur Zwangsarbeit im Deutschen Reich eingesetzt, ca. 1,7 Millionen stammten aus Polen, ca. 2,8 Millionen aus der Sowjetunion. Personen aus allen europäischen Ländern wurden zur Zwangsarbeit gezwungen, aber ihre Behandlung unterschied sich, der Rassenideologie der Nationalsozialisten folgend, sehr. Bei westeuropäischen Arbeitskräften handelte es sich oft um Kriegsgefangene, aus den osteuropäischen Ländern wurden zusätzlich auch viele zivile Personen zur Arbeit gezwungen. Diese melden sich unter Ausübung starken Drucks „freiwillig“ oder wurden von deutschen Soldaten verschleppt. Hierbei wurde keine Selektion getroffen, so dass auch Kinder mitverschleppt wurden. Bei über der Hälfte der aus Polen stammenden Arbeitskräfte handelte es sich um Frauen.

Die Überlebenschancen waren vom Herkunftsland abhängig. Häftlinge aus Konzentrationslagern und osteuropäische Arbeitskräfte wurden am schlechtesten behandelt, da sie nach der Rassenideologie der Nationalsozialisten als minderwertig galten. Sie bekamen am wenigsten Verpflegung, keine oder nur unzureichende medizinische Versorgung und waren unter unhygienischen Bedingungen in Baracken untergebracht. Dazu mussten sie die schwersten bzw. gefährlichsten Aufgaben ausführen, da für sie keine Arbeitsschutzrechte galten. Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern stand Lohn zu, von dem aber bereits eine Pauschale für Kost und Logis abgezogen wurde, für Menschen aus Polen kam eine Sondersteuer hinzu. Ob der Lohn (vollständig) ausgezahlt wurde kann nicht pauschal beantwortet werden.  

Zwangsarbeiterinnen, die schwanger waren, wurden zu Beginn noch in ihre Heimatländer zurück gebracht, doch mit steigendem Mangel an Arbeitskräften mussten sie ihre Kinder im Deutschen Reich gebären. Eigens dazu wurde z.B. in Dresden das „Entbindungslager Kiesgrube“ eingerichtet, in dem die Frauen ihre Kinder zur Welt brachten und sie anschließend dort lassen mussten, während sie selbst wieder zur Arbeit zurückkehren mussten. Die als „gutrassig“ deklarierten Kinder wurden in herkömmlichen Kinderheimen aufgezogen, während die als „schlechtrassig“ bestimmten Kinder in Kindersammelstätten untergebracht. Diese wirkten wie legitime Fürsorgeeinrichtungen, was die Mütter beruhigen sollte, damit sie wieder widerstandslos arbeiteten. Tatsächlich war die Todesquote in diesen Einrichtungen sehr hoch, im „Entbindungslager Kiesgrube“ wurden nachweislich 497 Kinder geboren, 225 starben dort.  
 

Auch auf dem Friedhof zu finden ist das Grab des 15 Jahre alten Günther Samieske, der am 09.05.1945 in Wilschdorf erschossen wurde. Augenzeuginnen berichteten, dass sich am 09.05.1945 der Hausbesitzer, Samieske, sowie ein weiterer Mieter im Vorgarten befanden und dort mit einem Soldat der roten Armee in ein Handgemenge kamen, nachdem dieser Wertgegenstände von ihnen gefordert hatte. Der Vermieter konnte sich retten, der andere Mieter starb noch vor Ort an seiner Schussverletzung und wurde auf dem örtlichen Friedhof in Wilschdorf beigesetzt. Samieske wurde in den Bauch getroffen und von seiner Mutter in ein Krankenhaus gebracht, wo er seinen Verletzungen erlag. Wie sicher diese Informationen über die beschriebenen Vorgänge sind, kann heute nicht mehr zweifelsfrei rekonstruiert werden. 


Weitere Forschungen der „Interessengemeinschaft 13. Februar“ zeigen, dass fast 50 Luftkriegstote ebenfalls auf diesem Friedhof bestattet wurden. Da dies aber meist in Familiengräbern geschieht sind diese nicht durch das Gräbergesetz geschützt und auch nicht weiter gekennzeichnet.


Mit einem Denkmal wird darüber hinaus den gefallenen Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg gedacht. Die Inschrift lautet „Unsern Helden 1914-1918“.