Für die diesjährige Neuauflage unserer deutsch-griechischen Jugendbegegnung machten sich 36 Schülerinnen und Schüler des Augustum-Annen-Gymnasiums und des Joliot-Curie-Gymnasiums Görlitz über Nacht auf den Weg nach Kreta, um sich zusammen mit ihren griechischen Gastgebern mit der gemeinsamen Geschichte auseinanderzusetzen. Am Montag, den 21. Oktober, startete dann bereits um 5 Uhr morgens der Flieger in Frankfurt Richtung Chania. Dort angekommen erwartete sie eine Woche mit vollem Programm, denn sie wollten sich zusammen mit ihren griechischen Partnern auf deutsch-griechische Spurensuche begeben. Ausgangspunkt für die thematische Arbeit waren dabei die Kriegsgräber- und Gedenkstätten in Maleme, Souda und in den Märtyrerdörfern, die an die schrecklichen Ereignisse während des Zweiten Weltkriegs auf Kreta erinnern.
Die Luftlandeschlacht um die Insel, bekannt unter der Bezeichnung „Unternehmen Merkur“, führte Ende Mai 1941 binnen weniger Tage zu ihrer Eroberung durch die nationalsozialistischen Truppen. Bereits diese Kämpfe zwischen den deutschen Angreifern und griechischen sowie alliierten Verteidigern forderten auf beiden Seiten Tausende Opfer, deren Gräber auf den Kriegsgräberstätten in Maleme (deutsch) und Souda (Commonwealth War Graves Commission) relativ nahe beieinander im Raum Chania liegen.
Hinzu kommen zahlreiche zivile Opfer aus der langen Besatzungszeit, die bis nach dem Kriegsende 1945 andauerte. Besonders in den inzwischen als Märtyrerdörfer bezeichneten Bergdörfern wurde erheblicher Widerstand geleistet. Die Bevölkerung zahlte dafür einen hohen Preis, denn die Besatzer rächten sich mit Massakern und Kriegsverbrechen, an die heute zumeist kleine Denkmäler erinnern, die häufig auch Ruhestätte der Opfer sind. Zu diesen zählten auch viele Frauen und Kinder.
Die gemeinsame Auseinandersetzung mit diesen tragischen Ereignissen, das Kennenlernen anderer Perspektiven und der Austausch mit Zeitzeugen am authentischen Ort trugen dazu bei, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aktiv an der Entwicklung einer auf Versöhnung ausgerichteten gemeinsamen Erinnerungskultur mitwirken konnten. Mit kleinen Gedenkfeiern und dem Niederlegen von Blumen gedachten die Jugendlichen aller Opfergruppen dieser schrecklichen Zeit.
Ziel des Projektes war es, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, einen Beitrag zum Erhalt der Gedenkorte zu leisten und zusammen Zeichen für eine friedliche Zukunft und die deutsch-griechische Freundschaft zu setzen. Dass dies gelungen ist, wurde nicht nur bei den Abschlussfesten in Souda und Voukolies deutlich, bei denen sich die Jugendlichen sowie die griechischen Gastfamilien, bei denen die deutschen Schülerinnen und Schüler die letzten Tage verbracht hatten, versammelten und gemeinsam auf die vergangene Woche zurückblickten, gemeinsam aßen, tanzten und feierten, ohne dabei die historische Tragweite zu vergessen.
Schon bald, und zwar im Frühjahr 2025, steht dann der Gegenbesuch in Deutschland an. Der Begegnungsteil in Görlitz wird dabei den Ersten Weltkrieg als historischen Anknüpfungspunkt haben. Auch hier wird sich die deutsch-griechische Gruppe wieder auf historische Spurensuche begeben und weiter an der Intensivierung der deutsch-griechischen Freundschaft arbeiten.