Vor nunmehr über 110 Jahren begann der Erste Weltkrieg, mit dem für Görlitz ein Kuriosum der Geschichte verbunden ist: 1916 wurden hier über 7.000 griechische Soldaten und Gendarmerieangehörige „als Gäste der Reichsregierung“ begrüßt und in einem Lager einquartiert, um den Wirren des Krieges im gespaltenen Griechenland und der drohenden Kriegsgefangenschaft zu entgehen. Das Lagergelände befand sich im heutigen Zgorzelec, wo seit einiger Zeit eine Stele an den Aufenthalt erinnert. Die „Griechen von Görlitz“ sind ein Thema, das selbst in Görlitz noch immer nicht jedem geläufig ist, auch wenn es durch die regelmäßigen Austauschprojekte zunehmende Aufmerksamkeit genießt. In Griechenland spielt es hingegen in der Geschichtsbetrachtung eine wichtigere Rolle, so dass der Name Görlitz dort überraschend vielen Leuten etwas sagt.
In der vergangenen Woche trafen sich wieder zwei deutsch-griechische Gruppen mit jeweils rund 35 Jugendlichen aus Görlitz und Kreta zu einer historischen Spurensuche in der Neißestadt. Auf Görlitzer Seite waren das Augustum-Annen-Gymnasium sowie das Joliot-Curie-Gymnasium beteiligt, die griechischen Gäste stammten von Kreta, genauer aus der Nähe von Chania: aus dem Vorort Souda, der direkt an die Stadt grenzt und in dem sich der Hafen befindet, und aus Voukolies, einem kleinen Dorf zwischen der Küste im Norden der Insel und den Weißen Bergen, die sich Richtung Süden schroff erheben.
Neben der Recherche einzelner Lebensgeschichten standen dieses Jahr jene Orte im Mittelpunkt, die mit den Griechen von damals eng in Verbindung standen. Hierzu zählten neben dem ehemaligen Lagergelände u. a. das Tivoli, das den Griechen als Offizierscasino diente und der ehemalige Verlagssitz, an dem die griechische Tageszeitung herausgegeben wurde. Die Teilnehmer suchten diese Orte anhand historischer Aufnahmen auf und versuchten, sichtbar gebliebene, aber auch „verschwundene“ Spuren fotografisch zu dokumentieren, Informationen zusammenzutragen und einen Rundweg auf griechischen Spuren durch beide Teile der Europastadt zu erarbeiten. Ziel ist es, diese Ergebnisse in einer Actionboundtour den Görlitzern und Besuchern der Stadt zugänglich zu machen.